Vom 24. bis 26. August 2018 wurde in Chemnitz das traditionelle Stadtfest gefeiert. Es sollte ein ganz besonderes Fest werden, denn die Stadt feiert dieses Jahr ihr 875-jähriges Jubiläum!
Das Fest wird zu einem besonderen – einem besonders schlimmen Ereignis! In der Nacht von Samstag 25. August auf Sonntag 26. August 2018 wird ein 35-jähriger Mann Opfer einer unbegreiflichen Straftat. Zwei 2015 eingereiste Asylbewerber, die in die Bundesrepublik gekommen sind, weil sie in ihrem bisherigen Heimatland aufgrund der Kriegsvorkommnisse um ihr Leben fürchteten, erstechen den Ehemann und Vater eines siebenjährigen Sohnes auf bestialische Weise mit 25 Messerstichen. Der 23-jährige Syrer und der 22-jährige Iraker, die die Tat begangen haben, sind seither in Untersuchungshaft. Der Mord ereignete sich auf offener Straße. Das Fest wird vorzeitig beendet. Zwei weitere Deutsche sind seither im Krankenhaus. Auch sie wollten offenbar einer Frau helfen, die von den Asylbewerbern bedrängt wurde. Über sie alle erfährt man bis zum heutigen Tage nichts aus den Medien. Der gesamte Tatverlauf, die Ursache und der Grund für die Eskalation geraten völlig in den Hintergrund.
Was man aus den Medien erfährt, ist dass ganz Chemnitz aus Rechtsradikalen besteht und dort alle Nazis sind. Die Bürger, die dort auf die Straße gehen, um friedlich zu demonstrieren, sind – so die Medien - entweder Nazis, oder sie lassen sich zumindest von diesen instrumentalisieren, ohne darüber nachzudenken, was sie tun. Es wird von Hetzjagden auf Ausländern berichtet, obwohl dafür keinerlei Beweise vorliegen. Lediglich ein Handy-Video, das zeigt, wie ein Mann einem anderen fünfzehn Meter hinterherläuft, ohne diesen zu berühren, läuft seither im Fernsehen in Endlosschleife.
Nun bin ich persönlich eigentlich weniger politisch motiviert und habe es bisher eher vermieden, politische Themen auf meiner Internetseite zu behandeln. Mir ist bewusst, mit welcher Brisanz solche Themen zu handhaben sind. Eine alte Weisheit fällt mir dazu ein: „wenn Du keinen Ärger willst, rede nicht über Politik oder Glauben“. Doch hier kann und will ich mich nicht tatenlos verhalten. Wie der „Zufall“ es so wollte, war ich vom 1. bis 6. September in Chemnitz und konnte Einiges live erleben und mir ein eigenes Bild machen. Und da dies doch in weiten Teilen von dem Bild, welches uns in den Medien von den Geschehnissen geboten wird abweicht, möchte ich Euch darüber erzählen, was tatsächlich vorgefallen ist.
Am Samstag, den 1. September haben etwa 5.000 Menschen an einem Schweigemarsch teilgenommen, zu dem AfD und „Pegida“, sowie „Pro Chemnitz“ aufgerufen hatten. Da diese drei Gruppierungen der rechten Szene zugeordnet werden, haben sich etwa 3.500 Menschen (so die offiziellen Zahlen in den Medien) an einer Demonstration „Herz statt Hetze“ beteiligt.
Der Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßt noch am gleichen Abend die Gegendemo. Er sei froh, dass es viele aufrechte Demokraten gäbe, die Farbe bekennen würden, sagte er. Es sei wichtig, dass die große Mehrheit der Deutschen in einem weltoffenen, toleranten Land leben wollen und diejenigen, die da anders auffallen, eine Minderheit sind.
Ich selbst habe mich zuerst auf der „Linken“ Seite der Demos aufgehalten. Dort sah ich viele vermummte, die mit aller Gewalt versuchten Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Schon seit dreißig Jahren gehe ich zu Fußballspielen in der ganzen Republik, aber eine solch massive Gewalt war auch mir fremd. Ein Großaufgebot von Polizisten mit Wasserwerfern und äußerst effektiven berittenen Staffeln verhinderte Schlimmeres. Dann begab ich mich über viele Umwege und Gässchen auf die „Rechte“ Seite der Demos. Hier bekam ich eher den Eindruck, dass es sich um ganz normale Bürger handelt, die einfach in einem stillen Trauermarsch kundtun wollten, dass sie mit der momentanen Situation nicht zufrieden sind. Im Gegensatz zur anderen „Seite“ sah ich hier keinen mit Helm oder Wurfgegenstand in den Händen.
"Wir sind mehr"– unter diesem Motto haben dann Namhafte Bands wie die Toten Hosen, Kratfklub und Casper ein Konzert in Chemnitz am darauffolgenden Montag initiiert. Bei freiem Eintritt, kostenloser Cola und gratis Flixbus kamen dann etwa 50.000 Zuschauer. Das Konzert wurde live auf 3sat übertragen und von vielen als Zeichen gegen Gewalt und Ausgrenzung durch Nazis und Rechte gewertet.
Allerdings war wohl die Musikzusammenstellung bei einem Konzert gegen Gewalt und Ausgrenzung und für ein friedliches Chemnitz doch ziemlich geschmacklos. Aber schauen Sie doch einfach selbst, wer da was gesungen hat:
K.I.Z – Ein Affe und ein Pferd
Ich mach Mousse aus deiner Fresse - Boom verrecke
Wenn ich den Polenböller in deine Kapuze stecke
Die halbe Schule war querschnittsgelähmt von mei'n Nackenklatschern
Meine Hausaufgaben mussten irgendwelche deutschen Spasten machen ...
Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt ...
Ist eine Frau nicht nackt, dann beschmeiss ich sie mit Scheine - Macht sie sich dann nackt, dann beschmeiss ich sie mit Steine ...
Tret so lange auf dein Kopf bis vier und drei acht machen
Die Missgeburt vom Jugendamt wird sich eine Kugel fangen
Feine Sahne Fischfilet - Wut
Helme warten auf Kommando
Knüppel schlagen Köpfe ein
Wasser peitscht sie durch die Straßen
Niemand muss Bulle sein!
…
Lieber Hartz 4 beziehn, im Bett bis um 4 liegen,
Bier trinken, Weed dealen, Speed ziehn,
Als Geld im Staatdienst verdien
…
Ich mach mich warm weil der Dunkelheitseinbruch sich nähert
Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt
Kraftklub - Randale
Im Ernst! Glaub' mir, Alter, du willst keinen Stress mit mir.
Ich mach' einen Anruf und schon ist meine Schwester hier.
Mit dem Fuß in der Tür. Blutverschmiert, gut frisiert...
Fäuste wie Stahlbeton, ein Ego wie Donkey Kong.
Wenn du danach im Rollstuhl sitzt, bist du nochmal davongekommen.
Tote Hosen - Hier kommt Alex
Zelebrieren sie die Zerstörung
Gewalt und Brutalität
Erst wenn sie ihre Opfer leiden sehn
Spüren sie Befriedigung
Es gibt nichts mehr, was sie jetzt aufhält
In ihrer gnadenlosen Wut
Marteria - Bengalische Tiger
Im Blaulicht getränkte Kulisse, ich brauch dich - Rauch sticht in die knallroten Augen
Sind wie Hunden, rennen alls über'n Haufen - Und schon stellen sie sich auf
Wenn man nichts im Kopf hat wozu werden Helme gebraucht? …
Bin resistent gegen Tränengas - Steine regnen, sie werfen mit Wasser - Jeder Cop kontrolliert von 'nem Bastard …
Wut in dei'm Blut, klettert dein Hals hoch - Und dein Kopf explodiert - Wir feiern ein Fest, weil ein Opfer regiert
Für meinen persönlichen Geschmack sind solche Songtexte in unmittelbarer Nähe zu der Stelle, an der wenige Tage zuvor ein Mensch bestialisch erstochen wurde sehr unangebracht.
Etwa 300 Meter von der Bühne entfernt, befindet sich der Tatort von der durch zwei Asylbewerber begangenen Tat. Hier sind Blumen und Kerzen aufgestellt, Bekannte haben ein paar Erinnerungsstücke und einige liebe Zeilen für den Verstorbenen hinterlassen. Am Abend des Konzerts wollen Mitglieder des Bündnisses „Chemnitz nazifrei“ die Gedenkstätte für den verstorbenen Daniel Hillig schänden, was von einem Großaufgebot der Polizei verhindert werden kann. Es wird ein Plakat aufgehängt: „Refugees welcome (Flüchtlinge willkommen)“ ist darauf zu lesen. Viele Passanten empfinden dies als pietätlos und weit entfernt von der Nächstenliebe, die in den zurückliegenden Tagen immer wieder hervorgehoben wird. Von alle dem erfährt man leider nichts in TV und anderen Medien. Es wird weiter von Hetzjagden gegen Ausländer berichtet, für die es allerdings keinerlei Beweise gibt und eine ganze Stadt – nein sogar eine ganze Region wird als rechtsradikaler, rassistischer Mob abgestempelt. Dass es aber nahezu keinen Raum für die Trauer um den verstorbenen jungen Mann gibt, scheint niemanden zu interessieren.
Und anstatt nun in der Politik eine Lösung für die Probleme durch gewaltbereite Flüchtlinge zu finden und den Bürgern etwas mehr Sicherheit zu bescheren, diskutiert man im Bundestag seit Wochen herum, wer nun an den ganzen Missständen schuld trägt und wer der größere Feind des Landes ist. Diese ganze Energie, die hierbei verschwendet wird, verpufft sinnlos, obwohl man sie auch dafür verwenden könnte, Ergebnisse zu finden, damit in diesem Land kein Mensch mehr sterben muss, weil er einer Frau zur Hilfe eilt, wenn diese sexuell belästigt wird.
Aber es ist natürlich viel einfacher für die Politiker, das Volk zu spalten. Links gegen rechts, Ost gegen West, Mensch gegen Mensch.
Und für die Medien ist es sicherlich lukrativer, solche Skandale zu präsentieren und die Auflage zu steigern, die Einschaltquote zu erhöhen und die Klickrate zu maximieren. Es wird an den wirklichen Problemen vorbeidiskutiert und Parolen gebrüllt. Die Opfer bleiben dabei auf der Strecke und die Täter finden noch Verständnis. Die Wut kocht und der Kopf wird ausgeschaltet.
Vielleicht sollten wir uns alle mal etwas besinnen und aufeinander zugehen. Es gibt nicht nur richtig oder falsch. Die Wahrheit liegt dazwischen. Und diese findet man nur, wenn man sich anhört ohne sich anzubrüllen. Wenn man miteinander für eine sichere Zukunft und nicht gegeneinander und mit noch mehr Blut kämpft.
jws 14.09.2018