Mallorca - Torrent de Pareis

Die anspruchsvollste Wanderung der Baleareninsel

Eine Warnung, die wir nicht ernst genug nahmen
Eine Warnung, die wir nicht ernst genug nahmen

Die spannendste, spektakulärste und sicher auch gefährlichste Wanderung, die ich jemals durchgeführt habe, ist der Torrent de Pareis. Die Schlucht im Tramuntana-Gebirge auf Mallorca begeistert sowohl einheimische Wanderer als auch Touristen aus der ganzen Welt mit seinem einzigartigen Charakter und seinen bis zu 300 Meter hohen Felswänden. Seit 2003 ist der Torrent UNESCO-Welterbe und Naturdenkmal.

 

Start der Tour ist ein kleiner Parkplatz bei einem Restaurant in Escorca. Von dort aus steigt man normalerweise in ca. einer halben Stunde hinab in die Schlucht Torrent de Lluc. Wir haben allerdings unfreiwillig einen etwas schwierigeren Weg genommen und brauchten alleine schon für dieses Stück nahezu drei Stunden! Das lag wohl daran, dass wir uns von den zahlreichen Steinmännchen irreführen ließen, die von uns den falschen Weg gezeigt hatten. Und so waren wir am eigentlichen Tourbeginn schon einen Teil unseres Wasservorrats los und sichtlich erschöpft.

Noch war alles recht harmlos
Noch war alles recht harmlos

Anfangs folgten wir einem leicht abfallenden Weg, den wir dann aber leider verließen, ohne es zu bemerken. Als Wanderer in den Bergen Deutschlands und Österreichs ist man es gewohnt, klaren Kennzeichnungen zu folgen. Hier hat sich das Ganze etwas anders dargestellt. Die hohen, scharfen Gräser taten dann ihr Übriges, um uns fiese Schnittverletzungen an Armen und Beinen zuzufügen. Auch die Dornengestrüppe waren nicht zu verachten. Doch immer wieder tauchte hier und da ein Steinmännchen auf, welches uns den vermeintlichen Weg zeigte.

Hier ließ sich zum ersten Mal erahnen, was auf uns zukommt
Hier ließ sich zum ersten Mal erahnen, was auf uns zukommt

Schon zu diesem Zeitpunkt gelangten wir an fast unüberwindbare Hindernisse, bei denen wir uns glücklich schätzen konnten, dass wir uns ausreichend vorbereitet hatten. So war in unseren Rucksäcken 6 Liter Wasser und ein etwa 15 Meter langes Bergsteigerseil, welches wir öfter einsetzen mussten, als uns lieb war.

Die ersten Unwegsamkeiten
Die ersten Unwegsamkeiten

Da wir bei unserer Recherche im Vorfeld gelesen hatten, dass die Wanderung etwa 5 Stunden dauern würde und wir uns bewusst waren, dass wir gerne mal trödeln und längere Pausen für´s Fotografieren einlegen, sind wir von einer Wanderzeit von etwa sieben bis acht Stunden ausgegangen. Nicht hinzugerechnet natürlich, dass wir einen Umweg zu Beginn von ca. zweieinhalb Stunden nehmen.

 

So machten wir - in der Schlucht angekommen - erst einmal eine ausgiebige Pause. Der mühsame Abstieg und die langen, heimtückisch in die Beine und Arme schneidenden Gräser hatten uns bereits ziemlich zugesetzt. 

Doch hier angekommen, ließen  wir uns nicht von dem ausgetrockneten Tierskelett, welches auf dem Wege lag, abschrecken, sondern machten uns auf den Weg, der noch viele Überraschungen für uns parat hatte.

Hier war der Pfad zuerst sehr angenehm flach und man konnte den Eindruck bekommen, sich auf eine gemütliche Wanderung eingelassen zu haben, bei der man die wunderbare Schlucht begutachten konnte und im Schatten einen Spaziergang hinter sich brachte. 

 

Wie wir im Laufe der Wanderung feststellen durften, kam immer hinter einer Kurve eine neue Überraschung auf uns zu. Und so war es jedes Mal, wenn wir dachten, den Weg schon bestritten zu haben und gleich am Ziel zu sein, dass dann doch wieder eine neue Herausforderung auf uns zukam, die uns teilweise an die Grenzen unserer Belastbarkeit brachten. 

Wer diesen Weg geht, der sollte sich wirklich sehr ausführlich im Vorfeld informieren, darauf achten, dass es zehn Tage vorher nicht geregnet hat (denn sonst kann man von ganz üblen unüberwindbaren Wasseransammlungen zur Umkehr gezwungen werden) und vor allen Dingen genügend zum trinken mitnehmen!! Drei Liter pro Person sind der unterste Grenzwert! Dies wird auch in anderen Reiseführern und Erfahrungsberichten so erwähnt. Gut, dass wir uns im Vorfeld informiert hatten.

Noch ein Hindernis
Noch ein Hindernis

Außerdem sollte man sich darüber Gedanken machen, ob die Tour doch nicht besser von einem erfahrenen Scout geführt gegen Entgelt gegangen werden soll, was natürlich um einiges sicherer ist. Ein weiterer Vorteil einer Gruppenbegehung ist, dass man - je mehr Personen mitgehen - mehr Personen hat, die einen unterstützen können, wenn es darum geht, sich gegenseitig abzuseilen, sich Hilfestellung zu geben oder auf eine andere Weise ein schwieriges Hindernis überwindet.

 

Wie auf den Bildern sehr gut zu erkennen ist, werden die Hindernisse teilweise unüberwindbar. Und wie bereits erwähnt, ist das Mitführen eines Seiles erfolgsentscheidend. Zwar gibt es an manchen Stellen bereits Haken und Ösen, doch leider werden diese auch sehr oft abmontiert und so kann es passieren, dass man an einem Hindernis ankommt und improvisieren muss.

So kam es immer wieder vor, dass wir manchmal sehr lange suchen mussten, bis wir einen Weg über einen Felsen oder eine Steinansammlung fanden und mit zunehmender Dauer stellten wir fest, dass uns die Zeit davonlief. 

 

Die geplante Rückfahrt mit dem Bus von Sa Calobra, der Schlucht in der wir ankommen wollten nach Escorca, dem Parkplatz an dem unser Auto stand, konnten wir vergessen. Es gibt nämlich nur einen einzigen Bus, der ausschließlich eine Tour macht. Und dies genau um 15 Uhr. Wer später kommt, muss schauen, wo er bleibt. Und nach unseren Fortschritten und der noch zu überwältigenden Reststrecke zu urteilen, war uns klar, dass  wir diesen Bus mit Sicherheit nicht erreichen.

 

Wie bereits im Vorfeld im Internet gelesen, konnten wir uns nun vor Ort davon überzeugen, dass es in der Schlucht weder Handyempfang, noch GPS-Signal gab. So konnten wir nun auch nicht mehr unseren genauen Standort festlegen und daher auch nicht mehr erörtern, wie weit der Weg noch sein würde. Weiter wäre es uns unmöglich gewesen, telefonisch Hilfe herbeizurufen.

 

Daher war es sehr sinnvoll, im Vorfeld im Hotel eine Info zurückzulassen, wohin wir gehen würden und wann wir zurück sein wollten. So hätte im Notfall zumindest von dort aus jemand Hilfe rufen können, wenn wir nicht zur vereinbarten Zeit wieder eine Rückmeldung gegeben hätten. Außerdem wurde uns zusehend bewusst, dass ein vorsichtiges Vorgehen höchstes Gebot war! Hätte sich hier einer von uns verletzt ( zum Beispiel einen Fuß umgetreten oder schlimmeres) wäre es wirklich schwierig geworden.

Immer wieder mussten wir suchen, wo es weiter geht
Immer wieder mussten wir suchen, wo es weiter geht

Es war äußerst wichtig, sich immer wieder zu verinnerlichen, dass jeder Fehltritt fatale Folgen haben könnte. Auch wenn die Kraft zusehends nachließ und unsere Trinkwasservorräte bedenklich schnell abnahmen, durften wir nicht leichtsinnig oder fahrlässig werden.

 

Und so war es um so ärgerlicher, wenn dann ein weiteres Hindernis kam, obwohl man eigentlich schon den ersehnten Strand erhoffte. Zumal die Steine meist sehr glatt geschliffen und rutschig waren. An manchen Stellen hatten fleißige Menschen die Steine mit Meisel bearbeite, damit wenigstens eine Trittfläche vorhanden war. Aber diese Stellen werden durch Abnutzung und Witterung mit der Zeit auch wieder rutschig.

 

Oftmals waren die Steinhügel erst nach sehr langem Suchen zu überwinden. Zwar meinten wir manchmal, schnell eine Lösung gefunden zu haben, doch dann - bei weiterem durchklettern des Felsen - stellte sich heraus, dass man den falschen Weg gewählt hatte und wieder umkehren musste.

 

Zwar sind immer wieder Markierungen und Steinmännchen zu finden, doch leider sind diese nicht immer eindeutig und oftmals muss man auch sehr intensiv suchen oder auch mal ein Stück ohne jeglichen Hinweis gehen, um dann festzustellen, dass es der falsche Weg war. 

Die Hoffnung, sich an anderen Wanderern zu orientieren keimte bei uns zu keiner Zeit auf, denn zu 99,9 % unserer Wanderung waren wir auf uns alleine gestellt und die einzigen Lebewesen, die unseren Weg kreuzten, waren ein paar Ziegen, die lächerlich leicht über die Felsen sprangen und ein paar Vögel, die uns eher auf den Kopf gekackt hätten, als uns den Weg zu zeigen. 

 

Von daher war es unser großes Glück, dass wir ein tolles Team sind, uns aufeinander verlassen können und der Andere immer weiß, dass er einen starken Partner an seiner Seite hat. Wenn man diesen Weg zu zweit geht, muss man sich absolut sicher sein, dass sein Kompagnon zuverlässig und treu ist.

Oben drüber, oder drunter durch??
Oben drüber, oder drunter durch??

Und immer und immer wieder tauchten vor uns Felsbrocken auf, die uns schier verzweifeln ließen. Von den schwierigsten Passagen habe ich gar keine Bilder gemacht, da ich zu dem Zeitpunkt alles Andere zu tun hatte, als mich um die Kamera zu kümmern. Aber ich denke, dass die hier abgebildeten Fotos in Etwa nahe bringen, auf was man sich bei dieser Wanderung einlässt.

Zwar ist diese Wanderung in manchen Reiseführern auch als für Kinder geeignet bezeichnet, jedoch tritt dieser Umstand nur dann ein, wenn Sicherungsseile und Befestigungen vorhanden sind. Außerdem sollte man auf jeden Fall eine größere Gruppe sein, wenn man Kinder mitnimmt, damit man mehr Unterstützung hat. Bei unserer Wanderung war keine der Sicherungen mehr vorhanden. Nur noch Löcher von abgeschraubten Karabinern und Seilfetzen zeugten von einer vormals vorhandenen Sicherung. Da hatten wohl unsere Vorgänger großes Interesse an Seilstücken und Sicherungsösen. Gut, dass wir uns was Entsprechendes mitgebracht hatten.

Selten haben wir uns so sehr über andere Touristen gefreut
Selten haben wir uns so sehr über andere Touristen gefreut

Und dann geschah das für uns mittlerweile Unfassbare. Der Weg wurde endlich einmal länger als 200 Meter eben und es war ein Ende abzusehen. Doch noch hielten wir unseren Jubel zurück, denn schon viel zu oft dachten wir, dass wir gleich am Ziel seien und wurden dann doch wieder von einer neuen Felsformation überrascht.

Die Strandtouries staunten nicht schlecht über uns
Die Strandtouries staunten nicht schlecht über uns

Die ersten Tümpel taten sich vor uns auf, was ein sicheres Zeichen für uns war, dass  wir bald da sein werden. Und auch die ersten Menschen waren zu sehen!! Nach solch einer Tortour machte uns das überglücklich.

Und dann sahen wir sie!!!!! Die Badebucht von Sa Calobra.

Hier lagen unzählige Menschen in der Sonne und ließen es sich gut gehen, während wir nach elf (!!!!) Stunden Wanderung endlich an unserem Ziel angekommen waren.

Die letzten Meter schafften wir dann  - voller Glückshormone - locker.  Und da wir wussten, dass gleich nach der Badebucht ein Restaurant auf uns wartete, waren die letzten Meter ein Leichtes.

Dass es bereits kurz vor 20 Uhr war und das Restaurant gleich schließen würde, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Aber die sehr freundliche Bedienung sah unsere duchgeschwitzen und geschundenen Körper und gab uns gerne zwar recht teure, aber dafür eiskalte Getränke. 

Das Taxi, das wir dann bestellten, war mit knapp 50 € auch sehr kostenintensiv. Aber eine Alternative gab es für uns nicht. 

An dieser Stelle ist es vielleicht noch wichtig zu erwähnen, dass das Taxi nur dann kommt, wenn es von der Bedienung der Wirtschaft gerufen wird und diese dafür bürgt, dass man auch auf das Taxi wartet. Meist verlangen sie dort eine Kaution von fünfzig Euro. Zu oft ist es schon vorgekommen, dass ein Taxi gerufen wurde und während der Wartezeit die Kunden jemanden gefunden haben, der sie zurück nach Escorca bringt.

Wir haben eine äußerst spannende und tolle Wanderung erlebt, die uns bis an unsere Grenzen gebracht hat. Wir empfehlen jedem, der diese Wanderung machen will, unsere Tipps unbedingt zu befolgen. Es gab schon mehrere Verunglückte, die zu leichtfertig und unachtsam vorgingen und gerettet werden mussten. 

 

Dieses Abenteuer ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen!