Mein erstes Mal im BBBank-Wildpark

Nach fast 40 Jahren erlebte ich mein erstes Mal erneut...

 

Es war 1983, als ich das erste Mal das Wildparkstadion betrat. Oder soll ich lieber sagen, ich erlebte es! Vor 39 Jahren bekam ich meine KSC-Impfung, die ich bis heute nicht mehr loswerden konnte. Total begeistert und voller Adrenalin erwarte ich seither die Heimspiele, die ich besuchen kann und bin nicht selten schon morgens um fünf Uhr wach, weil ich mich auf das Stadionerlebnis freue und die Trikotauswahl treffe.

 

Drei Jahre lang konnte, wollte oder durfte ich nun nicht mehr ins Stadion. Der Grund ist uns allen bekannt. Dass zeitgleich der Abriss des alten Wildparkstadions und der Neubau des BBBank-Wildparks ablief, war eine Fügung des Schicksals. Und so ergab es sich nach unzähligen traurigen Stadion freien Fußballwochenenden jetzt endlich, dass ich nach langer Abstinenz mal wieder die lange Reise nach Karlsruhe angetreten bin, um einem Heimspiel des Karlsruher SC beizuwohnen.

 

Am Sonntag, den 2. Oktober 2022 spielte der KSC zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg. Es war ein regnerischer Tag und ich war froh, dass die neue Arena nur überdachte Plätze anbietet. Das war auch schon mal der erste große Vorteil gegenüber dem altehrwürdigen Wildparkstadion. Aber es gibt noch viele weitere Neuerungen, über die ich Euch hier berichten möchte.

 

 

Der erste Eindruck

Einlasskontrollen
Einlasskontrollen

Meine erste Begeisterung begann schon vor dem Spiel, noch fern ab vom Stadion, als ich mit der neuen U-Strab, die nach über 10-jähriger Bauzeit endlich fertiggestellt wurde, trockenen Fußes und in einem völlig modernen unterirdischen Ambiente bis ans Durlacher Tor gelang. Der kurze Weg bis  zur Bushaltestelle war dann doch ziemlich feucht, da wir uns wohl den verregnetsten Herbsttag des Jahres ausgesucht hatten. Mit einem gut gefüllten Gelenkbus ging es dann weiter Richtung Adenauerring. Gut, dass der Wildparkshuttle nicht zum öffentlichen Nahverkehr gehört und somit keine Maskenpflicht besteht. Auch gut, wenn man diese ganzen Vorschriften und Regeln nicht mehr hinterfragt, sondern einfach nur noch darüber schmunzelt.

 

Im Stadion angekommen, wurde dann die Euphorie ein wenig abgebremst, als ich bemerkte, dass der neuen Wirkungsstätte der Karlsruher Fußballer noch etwas Persönlichkeit fehlt. Es ist ein grauer Betonklotz, wie jedes andere Stadion auch und ich hätte etwas mehr Individualität bei Farbgebung und Gestaltung erwartet. Immerhin machen die Y-Streben an der Fassade der Arena dann doch einen besonderen Eindruck und ich wollte mir meine Stadionlaune auch nicht gleich  vermiesen lassen... noch nicht.

 

Aber der erste Ärger ließ nicht lange auf sich warten. Während die männlichen Zuschauer eigentlich relativ ungehindert die neuen, modernen elektronischen Schranken passieren konnten, wurde die Einlasskontrollen für die Frauen ein fast unüberwindbares Hindernis. Dass mittlerweile ein großer Teil der Stadionbesucher aus Frauen besteht, dürfte wohl auch schon der letzte Verantwortliche wahrgenommen haben. Die Tatsache, dass eben diese weiblichen Stadionbesucher die Leibesvisitation nicht von einem Mann über sich ergehen lassen möchten, stand noch nie zur Diskussion. Und so ist es für jeden der Umstehenden unbegreiflich gewesen, dass an einer Kontrollstelle nur zwei weibliche Ordner diese Durchsuchung durchführten, während für die Männer an einem Kontrollpunkt acht Ordner bereitstanden. Dies führte zu nicht unerheblichen Wartezeiten und sehr verärgerten Fans, die dann auch lautstark ihren Unmut kund taten. 

 

Blödsinnige Regelungen, wonach eine Handtasche nicht größer sein darf als ein DIN A 4 - Blatt und bei Überschreiten dieser Größenvorgabe zwar der Inhalt der Tasche mit ins Stadion genommen werden durfte, die Tasche aber am Eingang abgegeben werden musste, setzten dem Ärger der einlassbegehrten Zuschauer natürlich noch die Krone auf. Hier merkte man dann schnell wieder, dass man beim KSC ist.

 

Und so verbrachte ich den Zeitpunkt, an dem im Stadioninnenraum schon das Badnerlied ertönte, verärgert am Eingangsbereich, weil ich auf meine Frau 20 Minuten wartete und diese derweil draußen im Regen ausharren musste, da sie aufgrund des Rückstaus mit weiteren, nicht hineinkommenden weiblichen Fans in einer langen Schlange stand. Ich glaube, das war das letzte Mal, dass ich meine Gattin dazu überreden konnte, mich in den neuen, modernen BBBank-Wildpark zu begleiten. 

 

Toller Blick von allen Rängen

fantastische Sicht auf das Spielgeschehen
fantastische Sicht auf das Spielgeschehen

Endlich am Platz angekommen, stellte ich schnell fest, dass man auch im unteren Bereich der Ränge einen hervorragenden Blick auf das Spielfeld genießen kann. In der Reihe 6 im Unterrang O4 hatten wir das Gefühl, mit Christian Eichner auf Tuchfühlung gehen zu können und die tolle Möglichkeit, jeden Spielzug erstaunlich übersichtlich mitzubekommen.

 

Während links von mir die Karlsruher Fans auf der Südtribüne eine beachtliche Stimmung lieferten und das Spielgeschehen unterstützten, konnte ich auch von der rechten Seite die mitgereisten Nürnberger Anhänger aus der Nordostkurve sehr gut vernehmen. Und ich bekam das Gefühl, dass der neue Wildpark eine stimmungsvolle Arena wird, wenn er in knapp einem Jahr dann endlich komplett umgebaut ist und Platz für 34.000 Zuschauer bietet. Die Sicht auf das Spielgeschehen ist auf jeden Fall exzellent.

 

Und so war mein erster Ärger dann schnell verraucht und endlich kam die Fußballfreude in mir auf, die ich so lange nicht mehr erleben durfte!

 

In der Halbzeit begab ich mich dann auch mal weiter nach oben, um die Sicht von den obersten Rängen beurteilen zu können. Auch hier kann der Zuschauer eine grandiose Perspektive genießen. Allerdings fühlte ich mich direkt unter dem Stadiondach dann doch ziemlich beengt. Das lautstarke Halbzeitunterhaltungsprogramm aus der gut hörbaren akustischen Entertainmentanlage verstärkte dieses Gefühl noch.

 

auch vom obersten Rang eine perfekte Übersicht über das Spielgeschehen
auch vom obersten Rang eine perfekte Übersicht über das Spielgeschehen

Weiter hatte ich auch das Gefühl, dass die Abstände zwischen den Sitzen etwas geringer sind, als im alten Stadion und man damit rechnen muss, seinem Nebenmann oder dem Sitznachbarn vor sich reichlich nah zu kommen. Zudem sind die unteren acht Reihen der Sitzplätze nicht ausreichend überdacht und bei schlechtem Wetter ist die Möglichkeit nicht gering, in diesem Bereich Regenschauer abzubekommen, auch wenn man 35 Euro für einen Platz gezahlt hat. Dies ist wohl dem Umstand geschuldet, dass der Rasen ansonsten nicht genug Tageslicht abbekommt und so Schaden nehmen würde. Bei meinem nächsten Besuch werde ich wohl die Auswahl der Karten auch vom prognostizierten Wetter abhängig machen.

 

Sowohl bei der Größe des Dachs, als auch bei der Berechnung der Stufen in den Rängen sind die Planer wohl einige Kompromisse eingegangen, mit denen der Stadionbesucher fortan leben muss. Denn bei den Treppenaufgängen fällt dem Zuschauer schnell auf, dass die Stufenhöhe nicht dem Idealmaß entspricht und man nur im Tippelschritt nach oben oder unten gelangt. Im alten Wildpark gab es dieses Problem nicht, dafür aber viele andere.

 

Ich war gespannt auf die Organisation der Halbzeitpause

während dem Spieltag herrscht hier dichtes Gedränge
während dem Spieltag herrscht hier dichtes Gedränge

Wer schon einmal bei einem Heimspiel des Karlsruher Sport Club zugegen war, der weiß, was da alles schieflaufen kann. Von leeren Bierständen über kalte Bratwürste bis hin zu ausverkauften alkoholfreien Getränken bei Sommerhitze haben wir alles erlebt. Eine nicht wollende Schlange vor den Verkaufsständen ist eigentlich beim KSC gar nicht wegzudenken. Und so war ich schon sehr gespannt, wie sich mein Lieblingsclub in seiner neuen Wirkungsstätte schlägt.

 

Gut! Ein ToiToi konnte man nicht finden und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Verrichtung der Notdurft am Stadionzaun hier nicht ungeahndet geblieben wäre. Aber dies war auch nicht nötig, denn die neuen, sehr sauberen Toilettenanlagen waren im ausreichenden Maße vorhanden. Und trotzdem bildeten sich davor lange Schlangen, da man wohl bei der Planung ein kleines Detail außer Acht gelassen hat. Während die Fußballfans bei jeweils einem Eingang und einem Ausgang einfach durch eine Art Einbahnstraße geleitet worden wären, sind die Toiletten allesamt Sackgassen und so kommt es zu dichtem Gedränge an den Eingängen, die gleichzeitig Ausgänge sind. In anderen Stadien wird dieses Problem mit der Einbahnstraßenmethode gelöst. Aber dass man im Stadion in der Halbzeitpause am Klo auch mal anstehen muss, kommt wohl überall vor. 

  

Ein weiterer Punkt, der mir aufgefallen ist, betrifft das Rauchverbot auf den Rängen. Da den Zuschauern sehr eindrucksvoll das Rauchen auf ihren Sitzplätzen verboten wird - die Ordner sind da nicht zimperlich - nutzen wirklich alle Raucher die Halbzeitpause, um mindestens eine Zigarette zu rauchen. Ich hatte den Eindruck, dass manche sogar ein paar Zigaretten gleichzeitig rauchten, denn wenn sie zurück auf den Rängen ankommen, befinden sie sich ja wieder im gut bewachten Rauchverbot. Also musste der Nikotinpegel wieder aufgefüllt werden, damit er für die nächsten 45 Minuten durchhält. Es ist schon lange her, dass ich einen Raum so sehr verraucht vorfand, wie den Eingangsbereich zu den Blöcken an diesem Spieltag! Und das, obwohl dieser Stadionabschnitt eigentlich gut durchlüftet und sehr hoch gebaut ist, was einen Rauchabzug unter normalen Bedingungen begünstigt. Doch bei einem solchen Rauchaufkommen hätte schon die Feuerwehr mit einer Überdruckbelüftung nachhelfen müssen, um einen positiven Effekt zu erzeugen. Das Rauchverbot auf den Rängen, welches grundlegend dem Nichtraucherschutz dienlich sein sollte, hat hier wohl den völlig umgekehrten Effekt und mir taten die kleinen Kinder leid, die in dieser "Räucherkammer" anstehen mussten, um zur Toilette zu kommen.

  

erstaunlich viele Überwachungskameras
erstaunlich viele Überwachungskameras

Mit 19.268 Zuschauern war der BBBank Wildpark an diesem Sonntag voll, wie schon lange nicht mehr. Und so kam es auch zu längeren Schlangen vor den zahlreichen Getränke- und Imbissständen, was aber für einen Wildparkgänger nicht unüblich ist. Ich machte mir diesmal nicht die Mühe, ein Getränk oder was zu essen zu erwerben, denn die Halbzeitpause wollte ich nutzen, um mich ein bisschen genauer auf den Rängen umzuschauen. Allerdings bekam der aufmerksame Beobachter den Eindruck, dass der ganze Ablauf schon etwas besser strukturiert sei und für ausreichend Verpflegung für die Fans gesorgt wurde. Die gut durchdachte Anordnung der Imbiss- und Getränkestände hat hier funktioniert.

 

Ein Bier kostet im Karlsruher Stadion 4,50 €, eine Feuerwurst 3,50 € und wenn man die 2 Euro Pfand mit rechnet, kann der Zuschauer für 10 € ein Stadionmenü erstehen. Schon im Vorfeld kann sich der hungrige Kunde dann entscheiden, ob er bar oder mit Karte bezahlen möchte und muss sich dann dementsprechend anstellen. Auch dies ist gut organisiert und ausreichend beschildert, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.

 

Was mir hingegen besonders ins Auge gefallen ist, waren die vielen Überwachungskameras im gesamten Stadionrund (das ja jetzt eher eckig ist). Einst noch wurde der damals amtierende Präsident an den Pranger gestellt, als er für mehr Sicherheit sorgen wollte, indem er dafür sorgt, dass bestimmte Bereiche videoüberwacht werden. Nun ist der gesamte Komplex kameraüberwacht, was offensichtlich niemanden mehr stört. Vielmehr richtet sich der mittlerweile traditionelle Fanprotest eher gegen die WM in Qatar oder Videofußballspieler, welche ihre Freizeit nach Ansicht der Protestgemeinde auf dem Bolzplatz zu verbringen haben und nicht auf dem Sofa vor dem Computer. 

 

Fazit

Die erfolgreiche Mannschaft bedankt sich bei den Fans für ihre Unterstützung
Die erfolgreiche Mannschaft bedankt sich bei den Fans für ihre Unterstützung

Abschließend möchte ich also einmal zusammenfassen:

 

Meine Begeisterung von vor vierzig Jahren war dieses Mal nicht erreicht, das muss ich ganz ehrlich sagen. Aber zum einen wäre das auch etwas viel erwartet gewesen und zum anderen ist das Stadion  noch gar nicht ganz fertig. Ich bin mal gespannt, wie es sich anfühlt, wenn das Stadion mit 34.000 Zuschauern ausverkauft ist und die ganze Arena "steht auf für den KSC" skandiert.

 

Es gibt noch ein paar Stellschrauben, an denen die Verantwortlichen drehen können, damit das ganze Geschehen auch zu einem echten Fanerlebnis wird. Die Voraussetzungen sind auf jeden Fall geschaffen und wir können uns darauf freuen, dass der KSC in Zukunft in einem hochmodernen Stadion spielt, das der Konkurrenz in keinem Punkt unterlegen sein wird. Hier kann man sich auch vorstellen, weitere, schon längst aufgegebene Ziele zu erreichen und davon ausgehen, dass der KSC eine gute Zukunft hat. Alleine von den bevorstehenden Einnahmen für VIP-Lounges und Business Seats können in Zukunft einige Kosten gedeckt werden, die bisher für Karlsruher Verhältnisse utopisch gewesen wären. 

 

Mit diesem Stadion brauchen wir uns vor keinem Gegner zu verstecken. Und der viel gerühmte 12. Mann, der in der neuen Arena wie eine Wand hinter der Mannschaft steht, kann immer mal wieder dafür sorgen, dass die letzten Kraftreserven aus den Spielern gelockt werden und der eine oder andere zusätzliche Punkt geholt wird. Übrigens hat der Fanverband seine Anregung durchgesetzt, wonach der Fanblock hinter dem Tor auch im neuen Stadion "Gegengerade" genannt wird. So bleibt noch ein Stück alter Erinnerung erhalten.

 

Das Spiel gegen den 1. FC Nürnberg endete übrigens 3:0 für den KSC, was mein erstes Mal im BBBank Wildpark natürlich abrundete!

 

Schmuckstück in blau-weiß
Schmuckstück in blau-weiß

 

 

11. Oktober 2022